Warum machen Sie auch 2022 bei den Bonner Tagen der Demokratie?
Martin Engels: Der Einsatz für eine liberale Demokratie ist mir persönlich sehr wichtig. Ich möchte weiter in einem Land leben, in dem um den richtigen Weg friedlich gestritten wird, verschiedene politische Meinungen konkurrieren können und auch Minderheiten gehört und respektiert werden.
Wie wichtig ist die Kirche für eine demokratische Stadtgesellschaft?
Engels: In der Evangelischen Kirche gibt es kein „die da oben“. Jede Gemeinde wird von demokratisch gewählten Gremien und der Kirchenkreis von der Synode, man könnte sagen: dem evangelischen Parlament, geleitet. Die Protestanten haben 450 Jahre Erfahrung darin, keine einsamen Entscheidungen zu fällen, sondern immer wieder den richtigen Weg auszuhandeln. Damit sind wir mitten drin und ein Teil der demokratischen Stadtgesellschaft. Politisch liegt unsere Aufgabe darin, uns an die Seite der Schwächsten in unserer Gesellschaft zu stellen und ihnen eine Stimme zu geben. Das versuchen wir auf dem X-Tra Platz vor der Kreuzkirche und vielen anderen Orten öffentlich umzusetzen. Zusammen mit anderen Kirchen, Synagogen und Moscheen ist es unsere Aufgabe Respekt füreinander über alle Unterschiede hinweg in der Stadt vorzuleben. Wer glaubt, hat keinen Platz für Hass auf andere.
Wie können wir unser demokratisches Miteinander gestalten?
Engels: Vielleicht ist es einfacher, als gedacht: Indem wir wieder anfangen nicht übereinander, sondern miteinander zu sprechen und uns zu begegnen. Indem wir aufhören über „die Politiker*innen“ herzuziehen und anfangen ihre Arbeit wertzuschätzen und sie zugleich an ihre Verantwortung für alle Menschen in ihrer Stadt und ihrem Land zu erinnern. Indem jeder und jede schaut: Wo kann ich mich in meinem Bezirk mit für meine Interessen einsetzen? Naja und schließlich das tun, was Demokratie ausmacht: Wählen gehen, mitbestimmen und Politik mitgestalten.